Unser zweiter Besuch auf dem Flohmarkt |
auf der Lange Straße in Castrop: Für mich ein
buntes Programm. Enttäuschung und Zweifel,
Freude und Glück, Erfolg und Versagen, Energie
und Erschöpfung, Lachen und Weinen, Sonne und
Wolken - es war alles dabei. Ein Tag wie ein
ganzes Leben. Und noch nie kamen wir von einem
Flohmarkt so schwer mit Schätzen beladen nach
Hause wie heute. |
Frühlingsfest und Flohmarkt auf der Lange Staße in Castrop. Darauf |
hatte ich mich sehr gefreut, auf trockenes Wetter gehofft und auf eine
schöneTour mit Wolfgang und Moritz, so wie beim letzten Mal. Und wie beim
letzten Mal will mein Sohnemann heute nicht mit kommen - obwohl es ihm vor
vier Wochen gut gefallen hat. Diesmal bringe ich leider nicht die Energie auf,
ihn zum Mitkommen zu überzeugen. Er lädt sich für den Nachmittag bei der
Oma ein. Na gut, meinetwegen. Obwohl - ein bisschen enttäuscht bin ich
schon. Dann Wolfgang anrufen. Auch er zeigt sich ziemlich betrübt wegen
Moritz Absage. Tja, vielleicht hätte ich hartnäckiger sein sollen? Aber
manchmal klappt das eben nicht. Einmal mehr Zweifel, wie man es richtig
macht, wem man es Recht macht. So fällt ein nicht ganz kleiner
Wermutstropfen in meine Freude, denn immer wieder stehe ich vor diesem
Dilemma. Fast will ich schon die ganze Aktion abblasen. Mal gut, dass ich das
nicht gemacht habe... |
Gleich vorn an sehen wir den
lustigen Luftballonverkäufer, der
im Clownskostüm seine mit Gas
gefüllten Tier-, Märchen- und
Comicfiguren feil bietet. Auf
jeden Fall ein Foto wert. (Dafür
klettert Wolfgang sogar in die
Botanik.) |
An einem der ersten Stände, an denen wir stehen |
bleiben, entdecke ich zwei kleine Porzellan-Delfine. Und
Delfine mag ich ja so sehr. Halb im Scherz sage ich immer:
"Der Delfin ist die Krone der Schöpfung." Warum sollten
das ausgerechnet wir Menschen sein, wo es doch auf
diesem Planeten so viele wunderbare Wesen gibt? |
verschönern jetzt meine Vitrine zusammen mit dem tollen Edelsteinfisch, den Bernd Jacks uns geschenkt hat. |
Auch diese Teller-
chen mit Motiven
aus Castrop und
Umgebung hat der
nette Herr im An-
gebot. Diese Orte
sind uns ja von un-
seren Streifzügen
wohl bekannt. |
Und Leckereien gibt es hier selbstverständlich auch. An
jeder Ecke duftet es anders köstlich: nach Popcorn und
gebrannten Mandeln, Reibekuchen und Grillwürstchen. Der
Herr oben im Bild lässt mich von seinen exquisiten
belgischen Pralinen kosten. Und am Würstchenstand rechts |
t. Wolfgang schenkt der liebenswürdigen Verkäufern
einen Glückscent, den sie doch tatsächlich ihrem Chef
mit den Worten in die Kasse legt: "Der kann Glück
gebrauchen." Nun schauen wir aber schon etwas
ungeduldig nach dem Stand mit den Schleuderpreisen
von unserem letzten Besuch. Das nette Paar dort haben
wir nicht vergessen, und hoffen darauf, es heute wieder
zu sehen. Zuerst kommen wir aber noch an einen gut
sortierten Bücherstand, an dem Wolfgang mit dem
Inhaber über das Fotografieren fachsimpelt und für ihn
ein Probefoto macht. Hier zwei Varianten: links von
Wolfgang, rechts von mir bearbeitet. Die Spiegelung
auf dem Cover ist leider nicht ganz weg zu kriegen. |
Die meisten haben sicher schon von der Lotto-Fee
gehört, ganz sicher aber von der guten Fee aus dem
Märchenland. Wir wissen jetzt, wo sie zu finden ist!
Falls ihr euch mal was wünscht, und ihr wisst nicht was,
dann kommt zum Trödelmarkt in die Lange Straße. Sie
hat hier nämlich eine Lottobude, wie das bei uns im
Ruhrgebiet genannt wird. Und das ist sie: Renate
Schumacher, die super-nette Dame von dem Stand mit |
der Salatschleuder zum
Schleuderpreis. Von ihr und
ihrem Mann werden wir so
herzlich begrüßt, dass wir beide
ganz gerührt sind. Und was gibt
es an ihrem Stand wieder alles
zu bestaunen. Im Angebot sind
zum Beispiel diverse Köfferchen
und Aktentaschen. "Schreibt
doch mal über dicke und dünne
Aktentschen", bittet der Herr
der Salatschleuder und klärt uns
darüber auf, dass die mit den
dicksten Aktentaschen am
wenigsten zu sagen haben.
Speziell für ihn hänge ich unten
zwei kleine Aktentaschen-
Anekdoten an. Außerdem gibt es
am Stand eine sehr schöne
Karaffe, in der man prima Edel- |
steinwasser aufbewahren kann. Die hat es mir angetan. Und die bekomme ich geschenkt! Da muss ich Frau
Schumacher ganz spontan in den Arm nehmen. Das ist echt total nett. Außerdem führt sie uns noch eine kleine
batteriebetriebene Maschine vor, mit der man sich die Lotto-Zahlen selber ziehen kann. Eine wirklich witzige
Sache. Dann schwärmt Frau Schumacher von einer besonderen Puppe, mit der sie ihrer Enkeltochter das Märchen
vom Rotkäppchen erzählt hat. Und sie bedauert, dass niemand dieses schöne Stück kaufen möchte, wo man doch
einem Kind damit sicher sehr viel Freude machen könnte. Jedenfalls schauen wir uns die Puppe mal genauer an und
machen ein paar Fotos für unsere Leser, damit sie sich von der Besonderheit dieses Spielzeugs überzeugen
können. |
Das Rotkäppchen, die Großmutter
und der Wolf - alles in einer
Puppe! Das wird so manchem Kind
wie Magie erscheinen und es wird
dem Märchen ganz anders
lauschen, wenn es vom Spiel mit
der Puppe untermalt wird. Durch
unsere Fotografiererei erregen
wir jedenfalls die Aufmerksam-
keit der Vorbeikommenden. Eine
Familie mit einem kleinen Mädchen
bleibt stehen und interessiert sich |
für das gute Stück. Und dann kaufen sie die Puppe
tatsächlich. Eigentlich ist sie für drei Euro ja auch fast
ein Geschenk. Und sie lassen sich dann auch noch alle
gemeinsam fotografieren. Die kleine Alina ist die neue
Besitzerin der Rotkäppchen-Puppe, die nun nicht nur für
Frau Schumacher unvergessen sein wird. |
Nun wollen wir aber auch noch zu unserem
Edelsteinstand. Und dort machen wir heute einen Fang,
der Wolfgang zum Ächzen bringt. In diesem Moment
lege ich ihn auf die Waage: Sage und schreibe 5
Kilogramm wiegt unser neuer "Handschmeichler". |
Ich müsste eigentlich noch ganz viel schreiben, zum Beispiel über eine sehr lustige Verkäuferin an einem "Alles-
für-einen-Euro-Stand", die sich leider nicht fotografieren lassen will, eine freundliche Berlinerin, die mir zwei sehr
hübsche kleine Bilderrahmen für sehr kleines Geld überläßt, und ihren Mann, der uns von einem sehr teuren
Geburtstagsgeschenk, einer Uhr, erzählt, die er gar nicht tragen mag, weil er ständig Angst hat, dass er sie
verliert; über die Dame, bei der Wolfgang einen sehr schönen Glaskrug kauft. Die fordert ihn erst zum Handeln
auf, um ihm dann zu sagen, dass sie nicht mit sich handeln läßt - und bemerkt schließlich, dass "die Leute hier alle so
komisch sind"... |
Wir jedenfalls verlassen den Flohmarkt mit leeren Portemonnaies, aber um einiges reicher: Zwei Delfine, einen
Krug, eine Karaffe, ein Liederbuch, zwei Bilderrahmen, ein Kristallpendel, eine kleine Tüte Trommelsteine, einen
kleinen Rosenquarzanhänger (für Frau Schumacher), eine Speicherkarte voller toller Fotos, im Magen jeder eine
halbe Bratwurst mit extra-viel Senf, wie Wolfgang es gerne mag - und mit ganz viel Freude im Herzen über die
Begegnungen und Gespräche mit so tollen Menschen. |
Auf dem Rückweg begleitet uns der hinreißende
Wolkenhimmel - und aus diesem Himmel überfällt
mich ein Gefühl, dass ich nur mit einem Gedicht von
Hermann Hesse wiedergeben kann. Deshalb setze
ich's hier rein - wenn es auch nicht so ganz passt
zu einer Trödelmarkt-Seite. |
Es ist gut, dass Hermann Hesse dieses Gedicht
schrieb. Denn so weiß ich, dass ich mit diesen
plötzlichen Gefühlsabstürzen nicht alleine und
auch nicht ganz verrückt bin. Vielleicht - ganz
sicher, gibt es noch mehr Menschen, die so etwas
kennen. Weinend und ziemlich erschöpft strample
ich die Straße Richtung Gerthe hinauf. Nein,
Wolfgang, Du hast nichts falsch gemacht. Das,
was falsch lief und diesen Schmerz hervorruft,
liegt wohl schon sehr lange zurück. |
Das war wieder eine Seite von Susanne, wie sie keiner besser schreiben und gestalten kann, als sie. In meinem Leben lernte ich viele Menschen kennen, aber keinen einzigen mit einem so großen Herzen. Deswegen, und nur deswegen, ist sie meine |
Allerliebste. |
Wolfgang |