Zum Fliegen braucht man auch kleine Federn

Streifzüge                      Trödeln in Castrop-Rauxel

29. März 2009

Flohmarkt auf der (langen) Lange Straße - die Zweite

Unser zweiter Besuch auf dem Flohmarkt

auf der Lange Straße in Castrop:  Für mich ein buntes Programm. Enttäuschung und Zweifel, Freude und Glück, Erfolg und Versagen, Energie und Erschöpfung, Lachen und Weinen, Sonne und Wolken - es war alles dabei. Ein Tag wie ein ganzes Leben. Und noch nie kamen wir von einem Flohmarkt so schwer mit Schätzen beladen nach Hause wie heute.

Frühlingsfest und Flohmarkt auf der Lange Staße in Castrop. Darauf

hatte ich mich sehr gefreut, auf trockenes Wetter gehofft und auf eine schöneTour mit Wolfgang und Moritz, so wie beim letzten Mal. Und wie beim letzten Mal will mein Sohnemann heute nicht mit kommen - obwohl es ihm vor vier Wochen gut gefallen hat. Diesmal bringe ich leider nicht die Energie auf, ihn zum Mitkommen zu überzeugen. Er lädt sich für den Nachmittag bei der Oma ein. Na gut, meinetwegen. Obwohl - ein bisschen enttäuscht bin ich schon. Dann Wolfgang anrufen. Auch er zeigt sich ziemlich betrübt wegen Moritz Absage. Tja, vielleicht hätte ich hartnäckiger sein sollen? Aber manchmal klappt das eben nicht. Einmal mehr Zweifel, wie man es richtig macht, wem man es Recht macht. So fällt ein nicht ganz kleiner Wermutstropfen in meine Freude, denn immer wieder stehe ich vor diesem Dilemma. Fast will ich schon die ganze Aktion abblasen. Mal gut, dass ich das nicht gemacht habe...
Unterwegs gebe ich richtig Gas, fahre mir die schlechten Gefühle von der Seele, zumindest versuche ich das. Dann landen wir mitten im bunten Treiben und vorerst hat mal die Freude Oberhand.

Willy Brandts Bewacher Bauhaus verwahrte in einer sorgfältig gehüteten Aktentasche stets eine Fla...
Ein Fernsehsender erfand den "Aktentaschen-Indikator". Wenn die Tasche von Herrn Greenspan dünn w...

Gleich vorn an sehen wir den lustigen Luftballonverkäufer, der im Clownskostüm seine mit Gas gefüllten Tier-, Märchen- und Comicfiguren feil bietet. Auf jeden Fall ein Foto wert. (Dafür klettert Wolfgang sogar in die Botanik.)

An einem der ersten Stände, an denen wir stehen

bleiben, entdecke ich zwei  kleine Porzellan-Delfine. Und Delfine mag ich ja so sehr. Halb im Scherz sage ich immer: "Der Delfin ist die Krone der Schöpfung." Warum sollten das ausgerechnet wir Menschen sein, wo es doch auf diesem Planeten so viele wunderbare Wesen gibt?
Der Verkäufer am Stand ist ausgesprochen freundlich und läßt sich gern von Wolfgang fotografieren. "Ein Euro", sagt er auf meine Frage nach den Delfinen. "Für beide zusammen?" "Na gut." Auf dem Bild sieht man mich dann schon nach meinem Portemonnaie kramen. (Allerdings kommt mir Wolfgang zuvor.) Die beiden hübschen Figuren

verschönern jetzt  meine Vitrine zusammen mit dem tollen Edelsteinfisch, den Bernd Jacks uns geschenkt hat.

Auch diese Teller- chen mit Motiven aus Castrop und Umgebung hat der nette Herr im An- gebot. Diese Orte sind uns ja von un- seren Streifzügen wohl bekannt.

Und Leckereien gibt es hier selbstverständlich auch. An jeder Ecke duftet es anders köstlich: nach Popcorn und gebrannten Mandeln, Reibekuchen und Grillwürstchen. Der Herr oben im Bild lässt mich von seinen exquisiten belgischen Pralinen kosten. Und am Würstchenstand rechts
teilen wir uns auf dem Rückweg eine wirklich gute Bratwurs


t. Wolfgang schenkt der liebenswürdigen Verkäufern einen Glückscent, den sie doch tatsächlich ihrem Chef mit den Worten in die Kasse legt: "Der kann Glück gebrauchen." Nun schauen wir aber schon etwas ungeduldig nach dem Stand mit den Schleuderpreisen von unserem letzten Besuch. Das nette Paar dort haben wir nicht vergessen, und hoffen darauf, es heute wieder zu sehen. Zuerst kommen wir aber noch an einen gut sortierten Bücherstand, an dem Wolfgang mit dem Inhaber über das Fotografieren fachsimpelt und für ihn ein Probefoto macht. Hier zwei Varianten: links von Wolfgang, rechts von mir bearbeitet. Die Spiegelung auf dem Cover ist leider nicht ganz weg zu kriegen.

Die meisten haben sicher schon von der Lotto-Fee gehört, ganz sicher aber von der guten Fee aus dem Märchenland. Wir wissen jetzt, wo sie zu finden ist! Falls ihr euch mal was wünscht, und ihr wisst nicht was, dann kommt zum Trödelmarkt in die Lange Straße. Sie hat hier nämlich eine Lottobude, wie das bei uns im Ruhrgebiet genannt wird. Und das ist sie: Renate Schumacher, die super-nette Dame von dem Stand mit

der Salatschleuder zum Schleuderpreis. Von ihr und ihrem Mann werden wir so herzlich begrüßt, dass wir beide ganz gerührt sind. Und was gibt es an ihrem Stand wieder alles zu bestaunen. Im Angebot sind zum Beispiel diverse Köfferchen und Aktentaschen. "Schreibt doch mal über dicke und dünne Aktentschen", bittet der Herr der Salatschleuder und klärt uns darüber auf, dass die mit den dicksten Aktentaschen am wenigsten zu sagen haben. Speziell für ihn hänge ich unten zwei kleine Aktentaschen- Anekdoten an. Außerdem gibt es am Stand eine sehr schöne Karaffe, in der man prima Edel-

steinwasser aufbewahren kann. Die hat es mir angetan. Und die bekomme ich geschenkt! Da muss ich Frau Schumacher ganz spontan in den Arm nehmen. Das ist echt total nett. Außerdem führt sie uns noch eine kleine batteriebetriebene Maschine vor, mit der man sich die Lotto-Zahlen selber ziehen kann. Eine wirklich witzige Sache. Dann schwärmt Frau Schumacher von einer besonderen Puppe, mit der sie ihrer Enkeltochter das Märchen vom Rotkäppchen erzählt hat. Und sie bedauert, dass niemand dieses schöne Stück kaufen möchte, wo man doch einem Kind damit sicher sehr viel Freude machen könnte. Jedenfalls schauen wir uns die Puppe mal genauer an und machen ein paar Fotos für unsere Leser, damit sie sich von der Besonderheit dieses Spielzeugs überzeugen können.

Das Rotkäppchen, die Großmutter und der Wolf - alles in einer Puppe! Das wird so manchem Kind wie Magie erscheinen und es wird dem Märchen ganz anders lauschen, wenn es vom Spiel mit der Puppe untermalt wird. Durch unsere Fotografiererei erregen wir jedenfalls die Aufmerksam- keit der Vorbeikommenden. Eine Familie mit einem kleinen Mädchen bleibt stehen und interessiert sich

für das gute Stück. Und dann kaufen sie die Puppe tatsächlich. Eigentlich ist sie für drei Euro ja auch fast ein Geschenk. Und sie lassen sich dann auch noch alle gemeinsam fotografieren. Die kleine Alina ist die neue Besitzerin der Rotkäppchen-Puppe, die nun nicht nur für Frau Schumacher unvergessen sein wird.

Nochmals ein ganz großes Dankeschön an die Schumachers für ihre Herzlichkeit und Freundlichkeit!

Nun wollen wir aber auch noch zu unserem Edelsteinstand. Und dort machen wir heute einen Fang, der Wolfgang zum Ächzen bringt. In diesem Moment lege ich ihn auf die Waage: Sage und schreibe 5 Kilogramm wiegt unser neuer "Handschmeichler".
Der Herr auf dem Foto sieht übrigens nur so gefährlich aus. In Wirklichkeit ist er der Inhaber des Edelsteinstandes und sehr nett und "posiert" hier für Wolfgang mit dem echt riesigen und wunderschönen Stein. Wir glauben, dass es ein Apophyllit ist, werden aber noch unseren Haus-und Hof-Edelsteinexperten aus Idar-Oberstein dazu befragen. Auf jeden Fall ist der Stein sehr schön anzusehen, und er ist wirklich mächtig. Dank auch nochmals an den Edelsteinstand für die tollen Angebote!

Ich müsste eigentlich noch ganz viel schreiben, zum Beispiel über eine sehr lustige Verkäuferin an einem "Alles- für-einen-Euro-Stand", die sich leider nicht fotografieren lassen will, eine freundliche Berlinerin, die mir zwei sehr hübsche kleine Bilderrahmen für sehr kleines Geld überläßt, und ihren Mann, der uns von einem sehr teuren Geburtstagsgeschenk, einer Uhr, erzählt, die er gar nicht tragen mag, weil er ständig Angst hat, dass er sie verliert; über die Dame, bei der Wolfgang einen sehr schönen Glaskrug kauft. Die fordert ihn erst zum Handeln auf, um ihm dann zu sagen, dass sie nicht mit sich handeln läßt - und bemerkt schließlich, dass "die Leute hier alle so komisch sind"...


Wir jedenfalls verlassen den Flohmarkt mit leeren Portemonnaies, aber um einiges reicher: Zwei Delfine, einen Krug, eine Karaffe, ein Liederbuch, zwei Bilderrahmen, ein Kristallpendel, eine kleine Tüte Trommelsteine, einen kleinen Rosenquarzanhänger (für Frau Schumacher), eine Speicherkarte voller toller Fotos, im Magen jeder eine halbe Bratwurst mit extra-viel Senf, wie Wolfgang es gerne mag - und mit ganz viel Freude im Herzen über die Begegnungen und Gespräche mit so tollen Menschen.

Für Herrn Schumacher:

So viel zum Thema "dicke Aktentasche".

Auf dem Rückweg begleitet uns der hinreißende Wolkenhimmel - und aus diesem Himmel überfällt mich ein Gefühl, dass ich nur mit einem Gedicht von Hermann Hesse wiedergeben kann. Deshalb setze ich's hier rein - wenn es auch nicht so ganz passt zu einer Trödelmarkt-Seite.


Kennst du das auch?
Kennst du das auch, daß manchesmal
Inmitten einer lauten Lust,
Bei einem Fest...

Es ist gut, dass Hermann Hesse dieses Gedicht schrieb. Denn so weiß ich, dass ich mit diesen plötzlichen Gefühlsabstürzen nicht alleine und auch nicht ganz verrückt bin. Vielleicht - ganz sicher, gibt es noch mehr Menschen, die so etwas kennen. Weinend und ziemlich erschöpft strample ich die Straße Richtung Gerthe hinauf. Nein, Wolfgang, Du hast nichts falsch gemacht. Das, was falsch lief und diesen Schmerz hervorruft, liegt wohl schon sehr lange zurück.

Das war wieder eine Seite von Susanne, wie sie keiner besser schreiben und gestalten kann, als sie. In meinem Leben lernte ich viele Menschen kennen, aber keinen einzigen mit einem so großen Herzen. Deswegen, und nur deswegen, ist sie meine

Allerliebste.

Wolfgang
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Trödelmarkt, philosophische Bilder am Rande