geschah das aus mehreren Gründen.
Einer war, von unserem Glücklichsein anderen abzugeben. Ich halte
dieses Motiv für ein Urgefühl, ein Gefühl, Gleicher unter Gleichen zu sein,
sich als Familie zu fühlen, deren Mitgliedern es allen gut geht. Insofern
ist mir unverständlich, wie einige Menschen in einer von Grund auf armen
Welt reich sein können. Wie kann man das ertragen? Es gibt eine (sehr
seltene) Krankheit namens CIPA, die Schmerzunempfindlichkeit
verursacht. Wer darüber lesen möchte, findet einen Artikel im
Hamburger Abendblatt. Diese Krankheit betrifft einen körperlichen
Zustand, und ich kann mir vorstellen, das ein betroffener Mensch auch
nicht mit einem anderen mitfühlen kann der Schmerzen hat, weil er diesen
Zustand nicht kennt; aber er könnte grundsätzlich von verschiedenen
Befindlichkeiten wissen, Glück von Leid unterscheiden. Nun, ich möchte
das Thema ja nicht vertiefen, sondern nur darauf hinweisen, dass es
"gesund" ist, ein Augenmerk auf die Umgebung zu haben, in der man lebt.
Das ist auch unser Anliegen, zu wollen, dass alle glücklich sind, zumindest
weniger unglücklich.
Einer anderer Grund war, wir wollten von unseren Erfahrungen
abzugeben. Auch diese Absicht halte ich für den Ausdruck eines
Urgefühls. Klar wissen wir, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg gehen
muss, dass jeder Weg anders, mal leichter und mal schwerer, mal mehr
und mal weniger erfolgreich verläuft. Aber uns ging es im Ansatz darum,
den Menschen mehr zu befähigen und ihm so Mut zu machen, andere
Wege zu gehen, sich größeren Herausforderungen zu stellen, um so auch
irrationale Ängste aufzulösen und sich von Verwirrungen zu befreien; das
ist ein aufbauend-dynamischer Prozess. In diesem Prozess befinden wir
uns auch, insofern wissen wir, was man für sich selbst erreichen kann und
welche starken Gefühle dabei entstehen - allerdings auch solche
Emotionen, die mit alten Verhaltensmustern verbunden waren.
Es gibt einen weiteren wichtigen Grund, warum diese Themengruppe
einen festen Platz auf unserer Homepage bekam. Susanne meint, sie
wolle nur Positives berichten, Negatives gäbe es genug. Ich meine, mit
der Schilderung von erfreulichen, schönen, federleichten
Lebensumständen alleine könne man nicht das Kernproblem, warum es
Menschen schlecht geht, erreichen. Man muss die Veränderung von
beiden Seiten angreifen: sowohl durch die Veränderung seiner
Wahrnehmungen, sprich seines Erlebens, als auch die Ursache/n für
Störungen finden, die Menschen daran hindern, glücklich zu sein. Das mag
nicht angenehm sein, aber ich sehe diese Konfrontaion mit den Ursachen
so, als ginge man mit Zahnschmerzen zum Zahnarzt. Klar ist die
Behandlung nicht angenehm, aber danach haben sich die Probleme eben
aufgelöst - man ist wieder fit.
Von diesem Ansatz gehe ich jedenfalls aus: der Mensch ist im Kern seines
Wesens glücklich, DAS ist sein Urzustand. Kein Kind kommt "böse" auf
die Welt, kein einziges! Alle Wesen wollen im Grunde nur glücklich sein.
Nun beginnt aber der Weg ins Leben bereits mit einer katastropeh, der
Geburt, und was dann folgt ist für die meisten der Menschenkinder die
Erfahrung, nicht geliebt zu werden, und, was mir viel schlimmer
erscheint, dass man seine Liebe nicht will. Es wird unbarmherzig und
rücksichtslos auf eigene Interessen in ein mechanisches Funktionieren
gepresst, muss Ansprüchen genügen, die mit seinen eigenen Bedürfnissen
nichts mehr zu tun haben. Was wird aus diesen erwachsen, "bürgerlich"
normal gewordenen, systemangepaßten Kindern? Unsere
Gesellschaftsstatistiken beschreiben ein klares Bild: zunehmende Armut,
Einsamkeit, Krankheit, Depression und Gleichgültigkeit, die Liste könnte
lang sein.
Bei meiner Recherche stieß ich auf eine Information zum Thema
"Gefühllosigkeit". Der Artikel beginnt mit:
“Die Vernunft formt den Menschen, die Gefühle leiten ihn”, sagte einst Philosoph
Jean-Jaques Rousseau. Meistens stimmt das auch. Doch für rund zehn Prozent der
Deutschen trifft dieser Satz nicht zu. Diese Menschen leiden an Alexithymie, im
Volksmund auch Gefühlsblindheit genannt.
Und dann heißt es weiter unter der Überschrift "Ursachen liegen in der
Kindheit" :
Die Ursachen der Krankheit sind nach aktuellen Erkenntnissen in der Kindheit zu
suchen. Die ersten Jahre eines Kindes sind geprägt durch eine Kommunikation
durch Emotionen. Werden hier die emotionalen Grundbausteine nicht gelegt, fällt es
den Kindern auch im Erwachsenenalter schwer Gefühle zu zeigen und die anderer
zu deuten.
Der ganze Bericht ist hier zu finden
Zehn Prozent! Ich war nicht wenig überrascht von der Menge der
Betroffenen. Andererseits machte es mir klar, warum einige Erfahrungen
eigentlich gar nicht anders sein können, Erlebnisse in der Verwaltung, der
Politik, auch in der Nachbarschaft. Was ist das für ein elendes Leben,
nicht fühlen zu können? Und niemanden scheint das wirklich zu
interessieren, weil das offensichtlich Menschen sind, die zur Erfüllung
bestimmter Aufgaben im System unentbehrlich sind. Dachte vorhin schon
an an einen Text, den ich vor Jahren las, in dem Menschen in der
Verwaltung von Konzentrationslagern beschrieben wurde.
Ja, und damit kehre ich zurück zu unserer Ansätze für diese Homepage:
es kann einfach nicht sein, dass wir uns mit diesem System abfinden. Den
Menschen, die die unmenschliche Seite des Systems mit Leben erfüllen
und es am Leben erhalten, muss geholfen werden - sie müssen wieder
fühlen lernen. Wir dürfen sie nicht verfluchen, wir müssen ihnen helfen.
Das war am Anfang unserer Abteilung Leben und Lebenswert zu sagen,
mitzuteilen. Damit wären wir beim letzten Ansatz für unsere Homepage
angekommen: Teilen. Auch diese Idee im Miteinander halte ich für ein
Urgefühl im Wesen des Menschen, ist Ausdruck von Liebe und
Wohlwollen. Mir schmeckt ein geteiltes Brot besser, als ein ganzes, und
auch Susanne und Moritz schenken, wenn es drauf ankommt, ihr letztes
Hemd weg. Es ist so leicht, sich selber und Anderen Freude zu machen.
Es ist zudem eine urchristliche Idee gewesen. Liebe deinen Nächsten wie
dich selbst ist eine ganz einfache Regel, und sie funktioniert. Wer sich
selber für liebenswert hält und ein entsprechendes Verhalten
praktiziert, wird wissen von der doppelten Wirkung seiner Liebe, die sich
mitteilt und nicht weniger, sondern mehr wird. Es ist nur so, dass viele
Menschen andere, schlechte Erfahrungen sammelten, und dass sie
Menschen beobachteten, die das Gegenteil praktizierten und damit sehr
reich an Vermögen, in gewissem Sinne also erfolgreich wurden. Was
Erfolg ist? Für mich ein glücklicher Moment, der ist unvergänglich.
Vielleicht sind es nur die guten Gefühle, die wir von dieser Welt
mitnehmen können.
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